Rückkehr ins Arbeitsleben nach langem Krankenstand wird erleichtert

12.12.2016 12:39

Einhellige Zustimmung im Sozialausschuss zu Wiedereingliederungsteilzeit

Wien (PK) - Die Rückkehr schwer erkrankter ArbeitnehmerInnen ins Arbeitsleben soll erleichtert werden. Wer sich nach einer schweren physischen oder psychischen Erkrankung noch nicht fit für einen vollen Berufseinstieg fühlt, kann künftig mit dem Arbeitgeber für maximal sechs Monate Teilzeitarbeit vereinbaren und erhält während dieser Zeit aliquot Krankengeld. Das sieht ein Gesetzespaket vor, das heute einstimmig den Sozialausschuss des Nationalrats passierte. Voraussetzung ist ein Wiedereingliederungsplan und eine chefärztliche Genehmigung. Wie viele Personen das neue Instrument in Anspruch nehmen werden, lässt sich laut Sozialministerium nur schwer prognostizieren, die Kostenschätzung von 770.000 € pro Jahr ist daher nur bedingt aussagekräftig.

Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurde ein Abänderungsantrag, der im Wesentlichen der Beseitigung einer Regelungslücke und von Redaktionsversehen dient. Inhaltliche Änderungen an der Regierungsvorlage (1362 d.B.) wurden keine vorgenommen. Miterledigt mit dem Beschluss ist ein Antrag der NEOS (863/A(E)), das auf das Modell einer Teilarbeitsfähigkeit abgezielt hätte.

Ausdrücklich unterstützt wurde die Wiedereingliederungsteilzeit auch von der Opposition, wiewohl sich die Grünen und die NEOS nicht hundertprozentig zufrieden zeigten. So bedauerte Birgit Schatz (G), dass es keinen Rechtsanspruch von ArbeitnehmerInnen gebe. Nach Meinung von Gerald Loacker (N) wurden in manchen Bereichen, etwa bei der Anspruchsdauer von Wiedereingliederungsgeld zu enge Grenzen gezogen. Positiv ist für ihn, dass es, anderes als ursprünglich vorgesehen, keiner ausdrücklichen Genehmigung der Teilzeit- Vereinbarung durch "fit2work" bedarf.

Von einer sinnvollen Maßnahme sprach ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger. Für viele Menschen sei es eine Erleichterung, wenn sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren könnten.

Sozialminister Alois Stöger gab zu bedenken, dass eine Teilzeit- Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach längerem Krankenstand zwar schon jetzt möglich ist, der Arbeitnehmer habe dabei aber keinen Anspruch auf aliquotes Krankengeld. Deshalb sei eine gesetzliche Regelung notwendig. Ein Rechtsanspruch für ArbeitnehmerInnen sei nicht mehrheitsfähig gewesen meinte er, man könne die Gesetzesvorlage aber als Einstieg sehen. Wenn es positive Erfahrungen mit der Regelung gebe, könne man über eine Ausweitung nachdenken.

Arbeitszeit muss zwischen 25% und 50% reduziert werden

Gemäß dem Gesetzespaket kann Wiedereingliederungsteilzeit nach einem mindestens sechswöchigen ununterbrochenen Krankenstand in Anspruch genommen werden, wobei die mögliche Bandbreite der Arbeitszeitreduktion zwischen 25% und 50% liegt. In der Anfangsphase ist im Sinne eines Stufenplans auch ein sanfterer Einstieg gestattet. Die Vereinbarung ist beiderseits freiwillig, braucht also die Zustimmung sowohl des Arbeitnehmers als auch die des Arbeitgebers. Lehnt ein Beschäftigter eine vom Arbeitgeber vorgeschlagene Wiedereingliederungsteilzeit ab, darf er aus diesem Grund nicht gekündigt werden (Motivkündigungsschutz). Das Arbeitsverhältnis muss vor Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit mindestens drei Monate gedauert haben.

Vereinbart werden kann die Teilzeitarbeit für maximal sechs Monate, wobei in Ausnahmefällen eine Verlängerung auf bis zu neun Monate möglich ist. Während dieser Teilzeitphase erhält der Arbeitnehmer als Ausgleich für den Einkommensverlust aliquotes Krankengeld. Beispielsweise gebührt bei einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 75% gleichzeitig 25% Krankengeld. Bis zu zweimal kann die getroffene Vereinbarung einvernehmlich adaptiert werden, sowohl was die Dauer als auch was das Ausmaß der Arbeitszeitreduktion betrifft. Mehrarbeit ist nur mit Einverständnis des Arbeitnehmers möglich, bei einer Überschreitung des vereinbarten Stundenmaßes um mehr als 10% wird das Krankengeld gestrichen. Überstundenpauschalen sind vom Arbeitgeber während der Teilzeitphase weiter zu bezahlen.

Voraussetzung für die Bewilligung von Wiedereingliederungsgeld ist die medizinische Zweckmäßigkeit der beruflichen Wiedereingliederung. Wer vollständig genesen ist, kann das Instrument demnach nicht in Anspruch nehmen. Zudem ist eine Beratung und die Erarbeitung eines Wiedereingliederungsplans durch die Einrichtung "fit2work" vorgesehen. Entsprechende Beratungsgespräche können bereits während des Krankenstands begonnen werden. Ohne ärztliche Bestätigung der vollen Arbeitsfähigkeit ist ein Antritt von Wiedereingliederungsteilzeit jedoch nicht möglich.

Durch Begleitmaßnahmen wird sichergestellt, dass die Wiedereingliederungsteilzeit zu keinen Einbußen bei anderen Leistungen bzw. Ansprüchen führt. Das betrifft etwa die Pension, Arbeitslosengeld, Rehabilitationsgeld, die betriebliche Pensionskasse (Abfertigung Neu), Altersteilzeit, längere Krankenstände und Arbeitsunfälle. Nach Ende der Wiedereingliederungsteilzeit gilt eine "Sperrfrist" von 18 Monaten bis ein neuerlicher Anspruch entsteht. In Kraft treten sollen die Regelungen mit 1. Juli 2017, Vereinbarungen können schon vorab geschlossen werden. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs


Foto:  Kronenzeitung on Twitter

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