Organspende - Modell Spanien
Spanien stellt jedes Jahr einen neuen Rekord in Sachen Organspende auf. Seit Jahren führt das Land, was die Zahl der Spender angeht, aktuell liegt sie bei 34 Organspendern pro eine Million Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland sind es gerade einmal 14,6 Spender pro eine Million Einwohner. Allerdings sank seit 2005, als die Zahl der Organspender den Höchststand von 35,1 pro Million Einwohner erreicht hat, dieser Wert etwas ab, in absoluten Zahlen gerechnet werden weiter Steigerungen erreicht. Ausgerechnet der Erfolg der Regierung Zapatero (seit 2004 im Amt) bei der Reduzierung der Verkehrstoten auf spanischen Straßen, führte auch zu einem Rückgang bei der Zahl der Organspenden. Allerdings wurde die Entwicklung inzwischen wohl abgefangen. Im Jahr 2009 gab es 4028 Transplantationen in Spanien von 1605 Organspendern. Der Anteil der Verkehrstoten unter den Organspendern lag bei 8,7 Prozent.
Modell Spanien
Stolz spricht man im Land vom Modell Spanien. Das Spanische Modell (Modelo Español, Spanish Model) wird inzwischen auch von der Weltgesundheitsbehörde WHO empfohlen. Dieses beruht auf zwei Säulen. Zum einen gilt in Spanien die Widerspruchslösung (dazu unten mehr), das heißt jeder, der das nicht ausdrücklich verneint, kann hier nach seinem Tod zum Organspender werden. In Deutschland gilt die Zustimmungsregelung, nur wer seine Zustimmung vorher dokumentiert, wird hier im Todesfall Organspender.
Die zweite Säule ist die Organisation des Systems. Es gibt eine übergeordnete Zuständigkeit der Spendeorganisation ONT für die Bereich Spenderkennung und -behandlung, dazu kommt die Gesprächsführung mit den Angehörigen sowie die gesamte Organisation aller Abläufe. In jedem wichtigen Krankenhaus gibt es einen Beauftragten (Koordinator) der Spendeorganisation, meist ein Arzt, der die Aufgabe der Koordination in einer Teilzeitstelle erfüllt. Die Krankenhäuser, die keinen eigenen Koordinator haben, werden von zentralen Büros der ONT betreut.
Alle Todesfälle werden unter Beteiligung der Organisation bewertet, dabei wird geprüft, ob eine Organentnahme möglich gewesen wäre. Die Organisation erfolgt auf drei Stufen: National, Autonome Regionen und bei den Krankenhäusern. Auf Nationaler und Autonomer Stufe gibt es entsprechende Gremien aus Fachleuten, die alle technischen Entscheidungen treffen.
Zuständig für die gesamte Organisation der Organspende in Spanien ist die Organización Nacional de Trasplantes (Abkürzung ONT, Nationale Organisation für Transplantation).
Diese erbringt sämtliche Dienstleistungen wie das Führen von Wartelisten, die Verteilung der Organe, den Transport und versucht alles, um Organspende und die Transplantation erfolgreich werden zu lassen und das System zu verbessern. Die ONT unterhält ein zentrales Büro. Zur besseren Organisation der Verteilung der Organe wurde Spanien auch in sechs Zonen aufgeteilt.
Zur Aufgabe der ONT gehört aber auch die Information der Bevölkerung. So gibt die Organisation regelmäßig Informationen heraus, und versucht innerhalb der Bevölkerung für ein positives Klima gegen über der Organspende zu sorgen. Die Pressearbeit wird von der spanischen Organspendeorganisation ernst genommen.
Das System führt auch dazu, dass in Spanien die Wartezeiten auf neue Organe kürzer sind, als in allen anderen europäischen Ländern. Allerdings warten trotzdem noch mehrere tausend Menschen auf ein neues Organ, ein Großteil von ihnen auf eine neue Niere. Trotzdem überleben auch in Spanien Patienten die Wartezeit nicht immer.
Gründung der ONT in Spanien
Die Nationale Organisation für Transplantationen in Spanien wurde 1989 gegründet. Sie untersteht dem Ministerio de Sanidad y Consumo (Ministerium für Gesundheit und Konsum). Vor der Gründung dieser Koordinierungsstelle für Organspenden lag die Zahl der Spender bei 14 pro Million Einwohner. Danach stieg sie an, bis, wie oben erwähnt 2005 der bisherige Höchstwert von 35,1 erreicht wurde.
Ziel des Modells ist es mehr Kranken das Überleben zu ermöglichen, die Zahl der Organspender zu erhöhen und durch Qualitätssicherung eine Nutzenmaximierung bei der Organspende zu erreichen. Auch in Spanien gibt es dazu gesetzliche Regelungen, wie das die Widerspruchslösung gilt und auch klare Vorgaben, wann erst ein Organ entnommen werden darf (Hirntod). Die Gesetze verbieten dabei auch klar den Organhandel.
Widerspruchslösung bei der Organspende
Bei der Widerspruchslösung kann jeder Organspender werden, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Wer im Todesfall nicht zum Organspender werden möchte, sollte seine Angehörigen darüber informieren, den Widerspruch in schriftlicher Form bei sich tragen oder wenn möglich, in einem zentralen Widerspruchsregister vermerken. Die Widerspruchsregelung gilt in Europa nicht nur in Spanien sondern auch in Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.
Widerspruch um nicht ungewollt Organspender zu werden
Wer im Todesfall beispielsweise im Urlaub im Ausland nicht ungewollt zum Organspender werden möchte, kann sich in der Verfügungsdatenbank der DVZ – Deutsche Verfügungszentrale AG eintragen lassen. Allerdings ist der Eintrag in das Widerspruchsregister zur Verhinderung einer ungewollten Organentnahme bzw. Gewebeentnahme im Ausland nicht kostenlos. Dafür übersendet die Organisation eine Kopie des Widerspruchs an die jeweilige, zuständige nationale Institution und stellt einen persönlichen zehnsprachigen Widerspruchsausweis zur Verfügung in dem vermerkt ist, dass man kein Organspender ist und dass der Widerspruch im Widerspruchsregister elektronisch abgefragt werden kann. In Spanien verweigern etwa zwölf Prozent der Hinterbliebenen die Spende. Sicherlich auch eine Leistung der ONT bei der Aufklärung.
Geschichte der Organspende in Spanien
Die erste Transplantationen wurden in Spanien in den 1960er Jahren durchgeführt. 1965 wurde wohl erstmals hier eine Niere verpflanzt. Vier Ärzte gelten als Wegbereiter der Transplantation in Spanien. Gesetzliche Regelungen gab es aber noch nicht. Die ersten Organentnahmen wurden in einer rechtlichen Grauzone durchgeführt. Erst 1979 und 1980 wurde dann die Organspende mit ersten Gesetzen geregelt. Einige Punkte dieses ersten Transplantationsgesetzes sind heute noch gültig, wie dass der Hirntod eingetreten sein muss und der letzte Wille des Verstorbenen zu respektieren sei und dass die Organspende selbstlos und frei von wirtschaftlichen Interessen sein muss. Auch die Anonymität des Spenders wurde bereits geregelt und die gerechte Verteilung nach Warteliste.
Mit zunehmendem medizinischem Fortschritt, so wurden Ende der Achtzigerjahre immer mehr Leber, Herzen (ab 1984) aber auch Bauspeicheldrüsen verpflanzt, und in Spanien stieg der Bedarf an Nieren, immer mehr Menschen starben während der Dialyse beim Warten auf ein Spenderorgan, zeigte das bestehende System seine Schwächen.
Der Tiefstand wurde 1987 erreicht, immer weniger Organe wurden gespendet, dabei stieg der Bedarf mit den Fortschritten der Medizin immer mehr an. Regionale Versuche mit Transplantationszentren erwiesen sich als wenig effektiv. Katalonien kam dann aber eine Vorreiterrolle zu, hier wurde die Organisation gestrafft und auch der Austausch mit ausländischen Organspendeorganisationen durchgeführt. Heute noch wird in Barcelona der Austausch von Organen mit dem Ausland koordiniert.
1989 wurde dann die ONT gegründet, erster nationaler Koordinator war Dr. Rafael Matesanz, untergebracht wurde die Organisation dann im ehemaligen königlichen Krankenhaus für ansteckende Krankheiten. Dem Doktor standen am Anfang gerade einmal zwei Sekretärinnen zur Seite. Seine Arbeit nahm die ONT am 1. September 1990 auf.
Inzwischen kann die ONT auf vielfältige Ressourcen zurückgreifen. Beispielsweise stellte sich ab 1984, als erstmals auch Herztransplantationen durchgeführt wurden, die Frage, wie man ein Organ über größere Strecken transportieren kann. Schließlich beginnt nach dem Tod des Spenders der Kampf mit der Zeit. Wie die Organspende organisieren, wenn Spender und Empfänger in verschiedenen Landesteilen leben. Hier griff man auf die spanische Luftwaffe zurück und erreichte ein Abkommen. Das Abkommen besteht immer noch.
Organspenden und Transplantationen 2009
Im Jahr 2009 stieg die Zahl der in Spanien durchgeführten Transplantationen erstmals auf über 4000. Insgesamt 4028 Mal wurde einem Patienten ein neues Organ eingesetzt. 1605 Spender standen dafür zu Verfügung. Die Zahl der Organspenden liegt immer noch bei 34,3 Spenden pro eine Million Einwohner im Land. 8,7 Prozent der gespendeten Organe stammten von Verkehrstoten.
Regionale Unterschiede bei der Organspende in Spanien
Die Zahl der Organspender pro eine Million Einwohner in Spanien liegt bei 34,3, ist aber regional höchst unterschiedlich. Der höchste Wert wurde in Kantabrien erreicht, hier waren es 61 Organspender pro Million Einwohner. La Rioja folgt auf Platz zwei (56,3) vor Asturien (41,3). Das Baskenland (38), Katalonien, Andalusien, Murcia (je 35) liegen gemeinsam mit Madrid, Kastilien und León (34) sowie den Kanaren (33) im statistischen Landesmittel. Etwas drunter liegen die Regionen Aragon, Valencia, Balearen (je 32) sowie Galicien und Navarra mit je 30 Organspenden pro eine Million Einwohner. Selbst diese Regionen liegen damit aber doppelt so hoch wie beispielsweise Deutschland. Deutlich unter dem Schnitt liegen Kastilien-La Mancha (25,5), die Extremadura (27) und die autonomen Städte Ceuta (12,5) und Melilla (28).
Quelle: www.spanien-bilder.com